UPGRADE VON WORKKOMPASS PLUS
Motivation, Orientierung und Vorbilder sind die Schlüssel geflüchtete Menschen zu befähigen, ihren Integrationsprozess in Bezug auf Soziales, Berufliches u.v.m. selbst in die Hand zu nehmen und aktiv zu gestalten. Bei Migrafrica sind wir der festen Überzeugung, dass Betroffene oft genau über ihre „Probleme“ und deren Lösungsmöglichkeiten wissen und durchaus in der Lage sind, Lösungsansätze für den eigenen Inklusionsprozess hervorzubringen.
Dies konnte in abermals in einem besonderen Projekt unter Beweis gestellt werden:
Nachdem das Projekt WorkKompass Plus, in dessen Rahmen geflüchtete Menschen in Form von individuellen, sprach- und kultursensiblen Qualifizierungen auf eine Ausbildungs- oder Arbeitsmöglichkeit vorbereitet und dazu befähigt werden den Bewerbungs- und Einstellungsprozess erfolgreich selbst zu gestalten, den „Hidden Movers Award“ der Deloitte Stiftung im November 2018 gewonnen hatte, wurde das Projektteam durch die Pro-Bono Beratung der Firma Deloitte von Dezember 2018 bis Ende Juli 2019 regelmäßig beraten und begleitet, um das Projekt nachhaltig zu implementieren und die Qualifizierungs- und Vermittlungsmaßnahmen zu erweitern.
Die Gesamtanalyse hinsichtlich der Erweiterung dieses Projekts ergab, dass es neben den Maßnahmen, die bereits im Rahmen von WKP durchgeführt werden, einer weiteren Qualifizierungsmaßnahme im Restaurant-, Küchen- und Servicebereich bedarf und ein eigenes Lernrestaurant durch die vielfältigen Erfahrungen in diesem Bereich ein Ort wäre, um die Qualifizierungen durchzuführen, Kandidaten einzustellen und Projekte durch generierte Gewinne langfristig zu finanzieren. Auf der Grundlage der bereits an uns herangetragenen Bedarfe von Seiten der Gastronomen und der mitgebrachten Fähigkeiten vieler geflüchteter Menschen, haben wir ein Qualifizierungsprogramm entwickelt, mit dem es möglich ist geflüchtete Menschen im Gastronomiebereich dahingehend zu qualifizieren, dass sie den Einstieg in eine nachhaltige Beschäftigung in der Gastronomie schaffen. Mit der Entscheidung kommt das Projekt WKP den Wunsch der Zielgruppe, die zum Teil mit bisherigen Qualifizierungsangeboten des Projekts nicht erreicht werden konnten, nach.
Wir haben festgestellt, dass viele geflüchtete Menschen große Kompetenzen im Bereich der Gastronomie mitbringen es ihnen jedoch noch an Wissen in einigen Bereichen fehlt, wie:
- Einhaltung von Hygienestandards (Kühlkette, Personalhygiene, Lagerung von Lebensmitteln, etc.)
- Gästebetreuung, Kundenorientierung, berufliche Freundlichkeit
- Bedienung von modernen Küchengeräten
- Arbeitssicherheit
- Arbeitsplanung, Schichtpläne
- Berufsbezogenes Kommunikationstraining (Fach- und Sprachtraining)
Die Qualifizierung soll im eigenen Lernrestaurant durchgeführt werden. Zugleich wird mit der Gründung dieses sozialen Unternehmens, auch ein finanzieller Profit generiert, der langfristig gesehen das Projekt WKP und somit die Förderung der beruflichen Integration von mehrheitlich geflüchteten Menschen finanziell unterstützt.
Mit Unterstützung von Refugee Cantine e.V. aus Hamburg, Kreuzberger Himmel aus Berlin und turning Tables aus München wurde das theoretische Konzept innerhalb der vergangenen 8 Monate entworfen. Mit Hilfe der Beratungskompetenzen des Vereins im Bereich Entrepreneurship (Projekt Act Now 2), welches eine umfassende Unterstützung für Gründer*innen bietet, wurde in enger Zusammenarbeit ein Businessplans für das Lernrestaurant und eine Analyse des Standortes erstellt.
Im Rahmen dieses Prozesses hatte man vom 15.07.2019 bis 27.07.2019 die Möglichkeit mit 10 Teilnehmer*innen sowie 3 Lehrkräften im laufenden Restaurantbetrieb, sechs Tage die Woche im stationären Pop Up Restaurant „LADEN EIN“ das Konzept des Lernrestaurants auf Realisierbarkeit, Ablauf und Wirtschaftlichkeit hin erfolgreich zu testen.
LADEN EIN ist ein stationäres Pop-Up-Restaurant in Köln, in dem alle zwei Wochen nicht nur ein neues Menü auf der Karte steht, sondern die Köche, die Kellner und das Konzept gleich mit ausgewechselt werden. Das Ganze ist ein Restaurant-Sharing-Konzept, das eine Plattform für diejenigen ist, die Ihren Traum von der Selbstständigkeit erfüllen wollen. Es können unter realistischen Bedingungen dort die Speisekarte, das Team und die Abläufe vor der Gründung getestet werden. Dort gibt es immer ein buntes Angebot an regionalen und internationalen Speisen. Das Essen wird frisch vor den Augen zubereitet – somit bietet das LADEN EIN die größtmögliche Nähe zum Essen.
Hierbei halten wir fest, dass dort realistische Bedingungen gelten. Im Rahmen dieser Testphase wurden im Durchschnitt bis zu 130 Kunden pro Tag mit Speisen und Getränken professionell versorgt, die die geflüchteten Menschen unter Anleitung des Projektteams kreierten und produzierten.
Die Kunden hatten die Möglichkeit ein Feedbackbogen auszufüllen und ihre Meinung hinsichtlich des Geschmacks und der Größe der Portion abzugeben. Darüber hinaus konnten die Kunden angeben, welche Kriterien sie an einem Restaurant für wichtig erachten und wodurch es zu einem Stammlokal wird. Dabei waren die Kunden zu 100 Prozent mit dem Geschmack der Speisen zufrieden. Ferner zeigten die Auswertung der Befragungen, dass über 98 Prozent der Kunden hinsichtlich des Preisleistungsverhältnisses und weiteren Quantitätsmerkmalen wie der Größe der Portionen sehr zufrieden waren. und hinterließen wertvolles Feedback, welches man bei der baldigen Gründung berücksichtigen wird.
Die Speisekarte, die gemeinsam von geflüchteten Menschen und vom Projektteam entwickelt wurde, berücksichtigte im Sinne der Nachhaltigkeit hauptsächlich die Verwendung lokaler und saisonaler Produkte und verzichtete generell auf Konservierungsstoffe.
Mehr als 1500 Kunden wurden hinsichtlich Originalität, Geschmack und Kreation während der gesamten Zeit der Testphase überzeugt. Als positive Begleiterscheinung haben wir mehrere Unterstützungsangebote seitens diverser Gastronomen hinsichtlich einer Zusammenarbeit und Beschäftigungsangebote für die Köche erhalten, die wir derzeit intern prüfen.
Wir können zuversichtlich konstatieren, dass die Testphase im „Laden Ein“ für die Gründung eines Lernrestaurant sehr erfolgreich im Hinblick auf Wirtschaftlichkeit und Realisierbarkeit getestet werden konnte. Innerhalb der 12 Testtage im „Laden Ein“ konnten wir einen Umsatz in Höhe von 16.568 Euro erzielen. Somit konnte ein Gewinn in Höhe von 819 Euro generiert werden, der kurzfristig für die Umsetzung des WKP Projekts eingesetzt wird. Bei einer ausschließlich wirtschaftlich ausgerichteten Herangehensweise hätte dieser sicherlich höher ausfallen können. Uns zeigte dies jedoch, dass soziales Engagement, Unternehmertum auch mit wirtschaftlichem Profit einhergehen kann, der wiederum in soziale Projekte investiert werden kann. Besonders hervorzuheben ist die herausragende Leistung des Projektteams, das während der gesamten Phase ehrenamtlich für das Projekt gearbeitet hat, da man von der Idee und dem Erfolg überzeugt ist. Insbesondere vor und während der Testphase hinsichtlich Koordinierung von Abläufen, Mitarbeiter*innen, Lieferanten, Kundenberatung, Werbung und Kommunikation sowie Einhaltung der entwickelten Standards. Gemäß der erarbeiteten Planung werden wir je nach Verfügbarkeit eines geeigneten Lokals die Gründung eines Lernrestaurants in Köln in Kürze realisieren und freuen uns sehr über Tipps und Hinweise bezüglich verfügbarer und geeigneter Objekte.
Migrafrica dankt dem Projektteam und allen mitwirkenden Menschen auf das Herzlichste für ihren Einsatz, Courage und Durchhaltevermögen und wünscht der Kundschaft alles Gute!