Psychosoziale Erstberatungen (PSE)

Stand 07.12.2022

Das Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flücht und Integration (MKJFGFI) richtete 2020 in allen zentralen Unterbringungseinrichtungen (ZUE) des Landes Nordrhein-Westfalen psychosoziale Erstberatungen (PSE) ein, um traumatisierte Geflüchtete möglichst schnell zu identifizieren und leidensgereicht behandeln zu können.

Denn viele Geflüchtete leiden nicht nur unter körperlichen, sondern auch und vor allem unter psychischen Folgen Ihrer Gewalterfahrungen in den Herkunftsländern oder/und auf der Flucht. Je früher diese traumatisierten Menschen ihr Leiden fachgerecht behandeln und ihr Selbstwertgefühl wiederherstellen können, desto weniger medizinischer und sozialer Versorgung benötigen sie und desto schneller erwerben sie die nötige sprachliche und kulturelle Kompetenz, um ein „normales“, eigenständiges Leben führen zu können.

Migrafrica VJAAD e.V. engagiert sich seit April 2020 mit Dipl.-Psych. Georg Stark in der ZUE Euskirchen II und ergänzt mit seinen sozialen, muttersprachlichen Angeboten die notwendigen psychotherapeutischen Maßnahmen. Im Einzelnen bestehen die Aufgaben der psychologischen Erstberatung darin, die Betroffenen durch dolmetschergestützte Gespräche zu stabilisieren, Ihre Beschwerden diagnostisch zu erfassen, Krisensituationen durch nötige Interventionen und Akutmaßnahmen zu entschärfen, körperliche Erkrankungen in engem Austausch mit dem Medical Center zu behandeln und die zuständigen Behörden und Gerichte in ihrer Entscheidungsfindung mit fachlichen Stellungnahmen zu unterstützen. Zum Service der PSE gehört daher auch, dafür zu sorgen, dass die als „vulnerabel“ erkannten ZUE-Bewohner bei ihrem Transfer in ihre Aufnahmekommunen leidensgerecht untergebracht und weiterbehandelt werden. Zu diesem Zweck nimmt Herr Stark in bestimmten Fällen schon vor dem Transfer Kontakt direkt mit den zuständigen Sozialämtern und niedergelassenen Psychotherapeuten, Ärzten oder Kliniken auf, damit diese Asylbewerber auch in den Zielkommunen leidensgerecht untergebracht und nahtlos weiterbehandelt werden können.

Herr Stark ist in der ZUE Euskirchen, Thomas-Eßer-Straße im Haus 31 Raum 054 während seiner „offene Sprechstunde“ jeden Dienstag 14 – 16 Uhr persönlich oder telefonisch täglich zwischen 13 und 14 Uhr erreichbar. Telefon: 02251 98349435; E-Mail: stark@migrafrica.org

 

Migrafrica unterstützt ZUEen bei der Einrichtung der PSE-Angebote (Stand Januar 2023)

Geflüchtete sind auf unsere Unterstützung angewiesen – in einigen Fällen auch in Form von fachlich professioneller psychosozialer Beratung. Lange Zeit konnten sie dieses psychologische/-therapeutische Behandlungsangebot nur extern, außerhalb der ZUE oder erst nach deren Zuweisung in eine Kommune wahrnehmen. Die Praxis zeigt aber, dass Menschen mit Fluchterfahrung bereits in den ZUEen Zugang zu Psycholog*innen, benötigen, weil sie mehrheitlich zu lange in den „Camps“ auf ihren Transfer warten müssen. Familien ziehen in der Regel erst nach einem halben Jahr in ihre Zielgemeinde um; alleinreisende Männer verweilen mitunter auch schon zwei Jahre oder länger in den Landesunterkünften. Menschen sind aber eine „verderbliche Ware“. Sie vertragen das „Lager-Leben“ nicht, auch wenn sie in sauberen und beheizten Zimmern wohnen und ausreichend verpflegt werden. Insbesondere die besonders schutzbedürftigen Asylbewerber*innen, die aufgrund ihrer körperlichen und seelischen Verletzungen, Krankheiten oder auch nur durch besondere Umstände belastet sind (Gefolterte, Traumatisierte, Behinderte, Opfer von Menschenhandel und/oder sexueller Gewalt etc.), wollen und müssen schon in den zentralen Unterkünften adäquat wahrgenommen und behandelt werden, damit auch ihr Transfer in die Zielkommune leidensgerecht gestaltet werden kann.

Schließlich ist das auch seit 10 Jahren ihr verbrieftes Recht! Die EU-Aufnahmerichtlinie 2013/33 schreibt den Mitgliedsstaaten vor, insbesondere die oben beschriebene „vulnerable“ Personenzielgruppe zu beachten, damit ihr oft unauffälliges, stilles Leiden rechtzeitig erkannt und fachgerecht behandelt werden kann – bevor es chronisch und unheilbar wird und ihre Integration/Inklusion verhindert. Aus dem Grund verbesserte das zuständige NRW-Ministerium (MKFGFI) 2020 das psychotherapeutische Versorgungs-Angebot für Menschen mit Fluchterfahrung, indem es in allen ihren 27 ZUEen interne Psychologen-Stellen für die so genannte Psychosoziale Erstberatung (PSE) schuf. Asylsuchende haben nun die Möglichkeit mit Unterstützung einer/s Dolmetscher/in in ihrer Muttersprache und vollkommen diskret über ihre Traumata und psychische Probleme zu sprechen. Das stabilisiert sie und stärkt ihre Persönlichkeit bis zu ihrem Transfer in eine Kommune.

Bis jetzt sind aber von den 27 PSE-Planstellen nur 17 besetzt.

Migrafrica setzt sich daher praktisch dafür ein, dass die ZUEen im Umkreis von Köln, die noch nicht ein PSE-Angebot für sich einrichten konnten (ZUE-Wuppertal, ZUE-Schleiden und ZUE-Neuss) ebenfalls kurzfristig eine(n) geeignete Psycholog*in vermittelt bekommen.

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